Die Zunkunft des Service

veröffentlicht am 04.07.2022

Future Services – Absehbare Herausforderungen im Service vordenken

Die Eingangsimpulse kamen von Markus Schroeder, dem Vorsitzenden des VDMA Zentralen Arbeitskreises Kundendienst sowie von Eric Maiser, VDMA Future Business.

Die Ergebnisse einer VDMA-Umfrage im deutschen Maschinenbau zeigen, dass

  • durchschnittlich 19,6 % des Gesamtumsatzes im Service erzielt wird.
  • 70 % aller Unternehmen sagen, der Service hat im Unternehmen eine hohe Bedeutung.
  • 66 % der Serviceverantwortlichen berichten direkt an den Geschäftsführer (33% sind im Bereich Sales integriert).
  • in den letzten 30 Jahren sich das Serviceangebot der Unternehmen mehr als verdoppelt hat. Das wichtigste Produkt ist der Ersatzteilverkauf.

Die wichtigsten Herausforderungen im Service der Unternehmen sind derzeit:

    1. Personal (Rekrutierung neuer Mitarbeiter, entwickeln und halten von Mitarbeitern, Wissen systematisch sichern und bereitstellen)
    2. Digitalisierung (Lösungen und Geschäftsmodelle entwickeln sowie verkaufen, Nachrüstung von Bestandsanlagen)
    3. Nachhaltigkeit (Reparieren, Modernisieren und Verlängerung der Nutzungsdauer)

In den nächsten 10 bis 15 Jahre werden folgende Themen für die Weiterentwicklung des Servicegeschäftes im Unternehmen wichtig sein:

  • „Upgrades“ von klassischen Services
    • Vertrieb, Wartung, Ersatzteilgeschäft, Servitization, …
  • Neue digitale Services
    • XaaS, Pay-per-X, Predictive Tech, Plattformen, Arbeitsplatz, Autonomisierung …
  • Neue Services Nachhaltigkeit und Zirkularität
    • Umweltdaten (z.B. Carbon Footprint), Retrofit / Remanufacturing / Refurbishment, Bestands- und Gebrauchtmaschinen, Upgradeability, …
  • Änderungen Rahmenbedingungen
    • Sozial, technisch, finanziell, rechtlich, politisch, Wertschöpfungskette, neue Player

Diese Themen werden derzeit in 4 Zukunftsszenarien mit folgenden Leitfragen diskutiert:

  • Welche Berufsbilder verändern sich?
  • Was ändert sich an den Produkten?
  • Wie ändern sich die Produktionsmittel?
  • Gibt es neue Geschäftsmodelle?
  • Welche neuen Kompetenzen werden benötigt?
  • Wie ändert sich die (internationale) Arbeitsteilung?
  • Bei welchen Veränderungen gibt es große Hemmnisse bzw. großen Handlungsbedarf?

Die Studie „Future Services 2035“ soll im September 2022 abgeschlossen sein und im VDMA vorgestellt werden.

Best Practice – Reifenhäuser „Value selling”

Die Reifenhäuser Gruppe stellt Extrusionsanlagen zur Verarbeitung thermoplastischer Kunststoffe her. Auf Maschinen und Anlagen von Reifenhäuser produzieren Anwender Blasfolien, Gießfolien, Glättwerksfolien und Vliesstoffe. Das Familienunternehmen hat ca. 1600 Mitarbeiter und einen Umsatz von 500 Mio. €. Unternehmen und Servicemaßnahmen wurden von Markus Schroeder, Direktor Service der Reifenhäuser Gruppe vorgestellt.

Die 4 Unternehmenseinheiten haben jeweils eine eigene Serviceorganisation. Daneben gibt es eine eigene Einheit, die Reifenhäuser RE, die sich nur um digitale Produkte kümmert. Das wichtigste Serviceprodukt ist der Ersatzteilverkauf.

Dieser wird mit der Kampagne „Value selling“ aktiv vermarktet:

  • Serviceteilepakete werden im Neuanlagenvertrieb mit einem „Erstausstatterrabatt“ verkauft.
  • Im Servicevertrieb werden die Serviceteilpakete speziell auf die Kundenbedürfnisse zugeschnitten. Dabei werden die Kosten für einen Tag Maschinenausfall für den Kunden berechnet.

Aufgeschreckt durch eine Studie von Marktpilot, die zu dem Ergebnis kam, dass nur ca. 7,1 % aller Kaufteile marktgerecht bepreist sind, 61 % sind zu teuer und 32% werden zu günstig angeboten, wurde die Preisstruktur überprüft.

Das hat einen Paradigmenwechsel bei Reifenhäuser nach sich gezogen: Die Preise werden nun ständig im Wettbewerb verglichen, analysiert und angepasst. Dadurch konnten insgesamt Kundenreklamationen verringert sowie Umsatz und Gewinn durch die Realisierung zusätzlicher Potentiale gesteigert werden.

Durch die konsequente Nutzung von CRM ergibt sich ein gesamtheitlicher Blick auf den Kunden. Hierbei können beispielsweise Analysen von Kunden gemacht werden, die seit mehreren Jahren keine Serviceanfrage mehr getätigt haben. Gezielte Maßnahmen wie die Kampagne „Fitness Check“ (eine einfache Inspektion) oder eine Vorteilsargumentation für digitale Produkte erleichtern den Kunden die Fortführung der Geschäftsbeziehung.

Der Vertrieb digitaler Produkte wird erleichtert durch Aussagen wie:

  • „Ich möchte, dass meine Mitarbeiter sofort sehen was vor sich geht, sodass sie Maßnahmen ergreifen können, ohne auf Informationen warten zu müssen.”
  • “Die Produktqualität ist mein größtes Anliegen! Ich möchte die Einhaltung der Produktionsvorschriften sicherstellen, um Kundenbeschwerden zu vermeiden.”

Best Practice – Grimme Group “Customer Care Center"

Die Grimme-Gruppe (und ihre Tochtergesellschaft, die Grimme Landmaschinenfabrik GmbH & Co. KG) stellt Landmaschinen im Bereich der Kartoffel-, Rüben- und Gemüsetechnik herstellt. Sie gehört zu den Weltmarktführern auf dem Gebiet der Kartoffeltechnik. Das Familienunternehmen hat ca. 2700 Mitarbeiter und einen Umsatz von 453 Mio. €. Unternehmen und Servicemaßnahmen wurden von Marcus Pier, Gesamtverantwortlicher Aftersales der Grimme Landmaschinenfabrik GmbH & Co. KG vorgestellt.

Um die Kundenanfragen besser zu strukturieren und schnellere Antworten zu geben wurden die Web-Prortale myGRIMME und GRIMME Connect eingeführt.

Alle Anfragen kommen so zunächst am Servicedesk an und können mit der Wissensdatenbank verknüpft werden.

Zukünftig sollen alle neuen Maschinen digital mit dem Customer Care Center verknüpft werden um noch bessere Informationen über den Zustand der Fahrzeuge und Anlagen zu erhalten.

Ein Webshop und ein Online-Konfigurator ergänzen den Funktionsumfang des Web-Portals.


Einen weitere Firmenvortrag gab es von der Viscom AG

Abschlussdisussion

Mit der Methodik World-Cafe wurden zum Abschluss der Veranstaltung die folgenden Themen diskutiert:

  1. Mitarbeiter für den Service gewinnen
  2. Mitarbeiter dauerhaft für Service begeistern & entwickeln
  3. Future Services
  4. Wie digital wird der Service?
  5. KI im Service
  6. Betreibermodelle / Pay per X
  7. Vertriebschancen im Produktlebenszyklus
  8. Nachhaltigkeit und Service
  9. Internationale Servicestruktur

Über den Autor

Dieter Schönfeld; Vize-Präsident und Vorstand für Bildung und Forschung