Dienstleistungssouveränität ist eine Schlüsselressource für die Zukunft Europas
Deutsches Forum Dienstleistungsforschung - Jahrestagung auf dem Bildungscampus Heilbronn
Die 4. (DF)² Jahreskonferenz hat vielfältige Perspektiven auf das Thema Dienstleistungssouveränität aufgezeigt.
Die Konferenz hat im IPAI und auf dem Bildungscampus in einem der aktuell spannendsten Dienstleistungs- und KI-Ökosysteme in Deutschland und Europa stattgefunden und bot einen perfekten Ort, um ein Verständnis von Dienstleistungssouveränität gemeinsam zu ergründen und Wege dahin zu diskutieren. Der Bildungscampus und der Innovation Park Artificial Intelligence (IPAI) werden mit Mitteln aus privatwirtschaftlichen und öffentlichen Mitteln in Heilbronn aufgebaut.
Das (DF)² wurde mit Förderung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung und Betreuung des Projektträger Karlsruhe (PTKA) am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) ins Leben gerufen.
Dienstleistungssouveränität
Dienstleistungssouveränität ist ein neuer, komplexer Begriff. Er verbindet Fragen der digitalen Abhängigkeiten mit servicebezogenen Machtstrukturen und macht sichtbar, wie eng Wertschöpfung, Technologie und Governance heute verflochten sind. Souveränität bedeutet dabei nicht Autarkie, sondern die Fähigkeit zur kontrollierten, transparenten Gestaltung von Abhängigkeiten.
Charakter von Souveränität
Souveränität ist kein statisches Produktmerkmal, sondern ein dynamisches Beziehungsgefüge. Sie entsteht aus einem ausgeglichenen Machtverhältnis zwischen Anbietern und Anwendern. Abhängigkeit ist unvermeidbar, aber sie kann gestaltet werden – durch Vertrauen, faire Servicearchitekturen, Exit-Optionen und klare Regeln.
Notwendige Rahmenbedingungen
Technologische Offenheit oder Standortgebundenheit allein reichen nicht. Es braucht:
- Verlässliche rechtliche Rahmenbedingungen
- Governance und Zertifizierung
- Auditierbare Services
Nur so lässt sich digitale wie dienstleistungsbezogene Souveränität langfristig sichern.
Europäische Perspektive
Mit Blick auf globale Machtverschiebungen ist Dienstleistungssouveränität für Europa von zentraler Bedeutung:
- Wertschöpfung wird zunehmend serviceorientiert.
- Unternehmen müssen lernen, Werteversprechen neu zu denken und Kooperation in Ökosystemen zu stärken.
- Noch dominieren produktzentrierte Diskussionen – ein Nachholbedarf in der Serviceorientierung ist klar erkennbar.
Praxis und Herausforderungen
- Beispiele wie der Einsatz von KI bei Audi und der Schwarzgruppe zeigen: Es geht nicht nur um Technologie, sondern um tiefgreifenden Wandel von Prozessen und Arbeit.
- KI wird künftig Grundvoraussetzung sein, nicht Differenzierungsmerkmal. Entscheidend wird die Kooperation von Mensch und KI sowie der Fokus auf Kundennutzen („Value in Use“).
- Fehler in der Implementierung – etwa bei der Kundenkommunikation – verdeutlichen, wie groß der Schaden sein kann, wenn Souveränität und Nutzenorientierung fehlen.
Veranstaltung
Die Veranstaltung bot den Teilnehmenden verschiedene Keynotes, Panels sowie vertiefende Workshops mit Speaker aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik.
Moritz Gräter, CEO,IPAI hat am Vorabend eindrücklich den Standort des Innovation Hubs vorgestellt.
Am Konferenztag wurde die Chancen und Herausforderung der Dienstleistungssouveränität in verschiedenen Keynotes und einer Paneldiskussion betrachtet:
Prof. Dr. habil. Katharina Hölzle, Institutsleiterin IAT Universität Stuttgart und geschäftsführende Institutsleiterin Fraunhofer IAO
Dr.-Ing. Jens Neuhüttler, Leiter Forschungs- und Innovationszentrum Kognitive Dienstleistungssysteme KODIS am Fraunhofer IAO
Fred Schulze, Werkleiter am Audi-Standort Neckarsulm und Mitglied des Aufsichtsrats der AUDI AG & Dr. Andreas Kühne, Programmmanager für Künstliche Intelligenz bei der AUDI AG
Prof. Dr. Werner Kunz, Professor für Marketing und Direktor des Digital Media Lab an der University of Massachusetts Boston
Ralf Münchow (BMFTR)
Prof. Dr. Gerhard Satzger (KIT)
Prof. Dr. Carsten Schultz (Christian-Albrechts-Universität zu Kiel)
Die Veranstaltung schloss mit einer Keynote von
Rolf Schumann, Co-CEO Schwarz Digits & CDO bei der Schwarz-Gruppe
Zentrale Takeaways der Konferenz
💡 Dienstleistungssouveränität ergänzt Technologiesouveränität und erweitert den Handlungsspielraum entlang der serviceorientierten Wertschöpfung.
💡 Sie sichert Resilienz und Wettbewerbsfähigkeit in datengetriebenen Ökosystemen.
💡 Souveränität aufbauen heißt heute: Entscheidungsfreiheit für morgen schaffen.
💡 Souverän ist, wer die Macht der Wahl hat – und Abhängigkeiten aktiv gestalten kann.
Fazit
Dienstleistungssouveränität ist eine Schlüsselressource für die Zukunft Europas. Sie entsteht dort, wo Kooperation, Vertrauen und klare Rahmenbedingungen Innovation ermöglichen – und wo Anbieter wie Anwender auf Augenhöhe kommunizieren können.
Wir freuen uns, dass der AFSMI weitere 2 Jahre im Innovationsbeirat des Deutschen Forum Dienstleistungsforschung vertreten ist.
Weitere Informationen zu (DF)²
Autoren
Bilder und Abbildungen
Quelle: Dieter Schönfeld und Werner Kunz