Wie kann die Produktivität des Field-Service durch Spracherkennung erhöht werden?
Sprache ist die schnellste Möglichkeit der Kommunikation zwischen Menschen und Maschinen. Field Service Techniker sind auf der Fahrt zum Kunden oder vor Ort mit Werkzeug die Hände gebunden. Das Nutzen der Tastatur ist dann entweder gefährlich und/oder unterbricht den Arbeitsablauf. Per Spracherkennung und Sprachdialog könnten Lösungszeiten und Arbeitszeiten reduziert werden.
Wir sprachen dazu in einem AFSMI Webinar mit Carolin Edler-Mende, Geschäftsführerin von Aristech, einer Firma, die sich auf Spracherkennung, Text-to-Speech, natürliche Voicebot Lösungen und Analytics spezialisiert hat.
Der ständige Begleiter des Fieldservice Technikers ist sein Smartphone und meistens auch sein iPad. Sie helfen ihm, sich für einen Einsatz vor Ort vorzubereiten. Er sammelt Informationen zum aktuellen Fall: Was hat das Hotline Team bei der Call-Annahme und Qualifizierung des Falls dokumentiert, welche Ersatzteile wurden ausgewählt, was ist die Historie der betroffenen Maschine, usw. Er dokumentiert den Einsatz, bestellt Ersatzteile, füllt Formulare aus. Er beschreibt die Ursache des Fehlers und entsprechende Fehlercodes.
Es kostet Zeit, Geld und Kundenzufriedenheit!
Könnte dies durch Spracherkennung verbessert werden?
Wieviel Zeit geht heute verloren? Was sind die Auswirkungen?
So wird die Zeit während der Autofahrt für Vor- und Nachbereitung des Einsatzes nicht genutzt und muss beim Kunden oder im Büro/Home Office nachgeholt werden. Zeit für den Vor-Ort Einsatz verlängert sich, da Techniker ständig Arbeit am Produkt unterbrechen muss, um wichtige Informationen durch Tasteneingabe zu erhalten
Die Stillstandzeiten der Maschine des Kunden verlängern sich und Kundenzufriedenheit geht mit jeder verstrichenen Minute nach unten.
Oft werden Reparaturberichte zu spät und mit geringer Qualität durchgeführt, da sie nach der Arbeit, oft in der Freizeit, gemacht werden. Details sind dann nicht mehr parat und der Bericht wird gefüllt so gut es geht. Motto „Hauptsache der Fall ist weg“. Dies führt zu falschen Daten für Qualitätsmanagement, Produktentwicklung und zu falschen Ersatzteil Beständen, die zu Fehlplanung und zu weiteren Folgekosten führen.
Was wäre, wenn der Techniker statt per Tastatur viele dieser Tätigkeiten mit Sprache und Audio erledigen könnte und dies am besten während und unmittelbar nach der Reparatur?
Was ist Spracherkennung und was kann diese heute?
Software, die auf Basis von Text, Audio und Aussprachelexikon trainiert wird, um gesprochene Sprache in den entsprechenden Text zu transkribieren.
In den vergangenen Jahren hat sich die Erkennungsqualität wesentlich verbessert. Ursache sind verfügbare Rechenleistung beginnend mit Mobilgerät bis zum Hochleistungsserver, das Nutzen von Machine Learning Prozessen und neuesten Trainingsmethoden.
Die Spracherkennung ist heute On-Device, On-Premise oder als Cloud Lösung verfügbar. Damit können unterschiedliche Anforderungen insbesondere nach Datenschutz und Data-Security erfüllt werden.
Was sind die Hürden? Viele Probleme bestehen durch Fachvokabular, Namen, Adressen, Email-Adressen, Hintergrundgeräusche, Netzabdeckung bei Cloudlösung und andere Ursachen.
Das sind doch die typischen Erfahrungen, die wir mit Siri und Alexa haben, stimmt‘s?
Doch wie kann man diese Hürden schließen?
Das Trainieren des Language Models mit Fachvokabular oder sogar das Trainieren des akustischen Modells (z.B. Fahrgeräusche) für den jeweiligen Anwendungsbereich sind erste, grundlegende Schritte. Weitere sind das Nutzen vom „embedded Betrieb“ (also Spracherkennung auf Mobil-Gerät) und klarer Sprachdialog.
Wie geht man nun im Field Service ein Spracherkennungsprojekt an?
Natürlich nicht mit einem Big Bang, denn dieses Projekt funktioniert nur mit der Beteiligung der Service Techniker und sollte agil und schrittweise umgesetzt werden. Gemeinsam mit einem Team aus Service Technikern und Experten des Kunden betrachtet man die aktuelle Situation und erarbeitet die Bereiche mit dem höchsten Nutzen und entscheidet sich für ein Pilot Projekt, um den Nutzen der Spracherkennung aufzuzeigen. Agile Entwicklung und das frühe Testen mit diesen User Gruppen führt dann zu ersten positiven Ergebnissen und hilft die Spracherkennung immer weiter auszurollen.
Was ist mein Key-Learning?
Spracherkennung im Field Service ist eine Journey! Es ist kein Produkt von der Stange, es müssen das Vokabular und die Sprache der Branche integriert werden. Ein ko-kreatives Vorgehen, also die Zusammenarbeit des Field Service und ausgewählter Techniker mit Experten der Spracherkennung sind unabdingbar. Diese bilden das Core Team, das erste Pilot Lösungen entwickelt, Spracherkennung trainiert, testet und im Unternehmen ausrollt. Wird dann der Nutzen bei Service Technikern und Management (KPIs (€, Zeit, NPS)) in der Praxis erkannt, dann geht die Reise in die Spracherkennung weiter.
Also kein Top-Down, kein Big Bang! Genau das Gegenteil!