Umgang mit Fehlern im Customer Service

veröffentlicht am 12.12.2022

In meinem Beitrag möchte ich mich mit dem Thema Fehlerkultur im Customer Service beschäftigen. Fehler passieren jeden Tag, aus meiner Sicht gibt es aber große Unterschiede im Umgang mit Fehlern.

Fehler sind normal

Niemand macht gerne Fehler, aber es passiert fast jedem, vor allem bei unklaren Situationen, Stress und wenig persönlicher Erfahrung können Fehler öfters vorkommen. Im Customer Service haben wir zwei dieser Faktoren ständig im Alltag. Die meisten Serviceorganisationen bearbeiten zudem viele dutzende Einzeltickets pro Tag. Die allermeisten Tickets laufen ohne
Fehler durch, doch die wenigen Vorgänge mit Fehlern haben das Potenzial, größere Wellen beim Kunden und in der eigenen Organisation auszulösen.

Kontraproduktiv bei Fehlern ist zusätzlicher Druck, egal ob dieser von innen oder außenkommt. Meist ist der eigene Anspruch der Mitarbeiter sehr hoch. Perfektionismus ist dabei mehr ein Problem, als das dieser hilft.

Ein erster Schritt für weniger Fehler ist die Erkenntnis, dass Fehler dazu gehören und die Welt (meistens) nicht untergeht. Dies nimmt den Druck für Perfektionismus und wird die Fehleranzahl reduzieren. Weitere Maßnahmen werden wir uns später ansehen.

Deine Kunden verdienen es, dass man Ihnen mit Offenheit begegenet

Über Fehler zu sprechen, ist sehr unangenehm. Vor allem möchte man ja niemand an den Pranger stellen. Aus meiner Sicht gibt es aber keine wirkliche Alternative, als Fehler auch gegenüber dem Kunden zu kommunizieren. Dabei meine ich nicht, dass man sich proaktiv bei jedem Fehler beim Kunden melden sollte, doch Kunden in diesem Thema zu belügen,
macht keinen Sinn. Auch wenn der Kunde den betreffenden Mitarbeiter kennt, würde ich trotzdem dazu raten, Fehler nur im Namen der Serviceorganisation einzuräumen und keine einzelnen Mitarbeiter zu nennen. Dies zeigt, dass die Organisation zusammenhält und man bereit ist, Verantwortung füreinander zu übernehmen.


Einer der Trends im Customer Service ist die steigende Transparenz gegenüber dem Kunden. Viele versenden automatische Status-Updates oder die Kunden haben direkten Zugriff auch Ticketsysteme. Je näher die Kunden bereits angebunden ist, umso schwieriger lassen sich Fehler unter Verschluss zu halten.
Ein weiteres Argument ist aus meiner Sicht, sich zu überlegen, was der Kunde denkt, wenn die Fehlervertuschung auffliegt. Dies wird ein deutlicher Einschnitt in die Kundenbeziehung bedeuten und der Kunde vertraut seinem Partner weniger oder ist in zukünftigen Fällen misstrauischer. Dieser Schaden wiegt deutlich höher, als wenn man proaktiv einen Fehler entschuldigt.

Fehlerkultur als Teil der eigenen Marke

Eine gute und funktionierende Fehlerkultur wird auch von den eigenen und potenziellen Kunden wahrgenommen und tragen zur Markenbildung bei. Diesen Effekt kann man sich bei Unternehmen mit einem B2C Servicemodell anschauen. Bei Unternehmen wie Apple oder Amazon werden die eigenen Fehler und deren Behebung für alle Kunden sichtbar gemacht.


So können sich Kunden ein eigenes Bild machen, das Sie bei diesem Unternehmen auch bei Problemen auf Augenhöhe behandelt werden. Dies ist mit Sicherheit ein Faktor, der bei der nächsten Kaufentscheidung berücksichtigt wird.
Ein offenes Support-Forum mach im B2B-Umfeld in den meisten Fällen keinen Sinn, aber man findest sicher andere Möglichkeiten (z. B. FAQs, Testimonials auf Social Media, benutzerspezifische Zugänge,... ) den eigenen Kunden einen Einblick zu geben. Aber auch ohne technische Lösung werden die eigenen Kunden nur durch die Veränderung der
Kommunikation einen Unterschied spüren.

Wie man Fehler vermeidet?

Wer es bis hierhin geschafft hat, dem ist bestimmt klar, dass man Fehler nicht verhindern kann. In diesem Abschnitt soll es darum gehen, wie man professionell mit Fehlern umgeht und die Auswirkungen möglich gering gehalten werden können.

Gemeinsames Fehler-Tagebuch

Ich habe persönlich gute Erfahrungen mit einem Team-Fehlertagebuch gemacht. Ein ähnliches Konzept gibt es auch unter den Schlagworten Kaizen oder Scrum. Im Kern geht es darum, dass man regelmäßig im Team Vorfälle sammelt, die nicht nach Plan gelaufen sind und gemeinsam Abstellmaßnahmen definiert und verfolgt. Dieses Struktur bringt aus meiner
Sicht mehrere positive Effekte:

  • Die Fehlerkultur im Team verändert sich schrittweise, die Mitarbeiter können Ihre
    Problemfälle loswerden und können sich entspannter um Ihr Tagesgeschäft kümmern.
  • Durch den Fokus auf die Abstellmaßnahmen verändert sich die Herangehensweise an
    Problemen. Nach einiger Zeit werden nicht nur die Probleme gemeldet, sondern es
    werden bereits Abstellmaßnahmen mit bedacht.
  • Es gibt eine Struktur bei Eskalationen und Beschwerden. Dies verhindert, dass solche
    Themen wie wild durch die Serviceorganisation wandern und für Chaos sorgen. Wenn
    die Struktur etabliert ist, können auch andere Bereiche (z. B. der Vertrieb) Themen auf
    die OP-Liste setzen und sich über den Status informieren.
  • Alle Servicemitarbeiter wissen über den aktuellen Status der offenen Punkte Bescheid
    und können bei Nachfragen von Kunden professionell antworten.

Leistungskultur umsetzen

In einer Leistungskultur, bei der sich Mitarbeiter gerne anstrengen, um im Namen des Unternehmen Resultate erzielen, ist eine gelebte Fehlerkultur ein fester Bestandteil. Wie man konkret eine Leistungskultur im Customer Service umsetzt, ist für mich eine der spannensten Fragen, die mich derzeit beschäftigt. Daher werde ich mich in einem meiner kommenden Beiträge damit beschäftigen. Wenn Ihr dafür Ideen und Input habt, kontaktiert mich gerne direkt oder folgt mir auf LinkedIn, um über neue Beiträge informiert zu bleiben.

Über den Autor

Stefan Goldschmidt ist Mitglied im AFSMI. Er arbeitet als Abteilungsleiter Service Support bei der viastore Group und hält an der DHBW Stuttgart Vorlesungen und Übungen im Bereich Informatik im Studiengang Wirtschaftsingenieurwesen. Seit dem Sommer 2022 ist er überdies beratend tätig.