Einsatzerfahrung von VR in der Aus- und Weiterbildung

veröffentlicht am 27.06.2021
Wie die Wissenschaft hilft, mit neuster Technologie sehr starke Verbesserungen für die Kunden- und Mitarbeiter-Ausbildung im Maschinenbau zu erreichen.

Ziele des Projekts

Die Kernziele des Projekts waren zum einen die unternehmensspezifische Adaption, Erprobung und Evaluation von virtuellen Schulungs- und Arbeitsumgebungen, sowie die Entwicklung eines Vorgehens, um auf Basis von Prozessdaten Defizite in Dienstleistungsprozessen zu identifizieren, und die Begründung eines praxiserprobten Integrationsmodells zur Förderung der Rezeption eines Virtual and Analytics-Services im industriellen Dienstleistungsbereich des Maschinen- und Anlagenbaus. Dabei stehen hier insbesondere die praktischen Erfahrungen im Betrieb im Vordergrund.

Erkenntnisse aus dem Projekt

Durch den Einsatz einer virtuellen Lern-Umgebung mit digitalem Zwilling wird die Mitarbeiter- und Kundenausbildung bei TRUMPF insbesondere für Servicetechniker, Bediener und Instandhalter stark ergänzt und verbessert. So konnten mit einem digitalen Maschinen-Zwilling des Metall-3-D-Druckers TruPrint 3000, einer Mittelformat-Maschine für additive Serienproduktion, inklusive allem Zubehör in einer virtuell begehbaren Schulungshalle der Firma TriCat individuelle Lernsequenzen und kollaborative Schulungen erarbeitet werden. Dabei waren die virtuellen Räume des Schulungszentrums ausgestattet mit Medienschnittstellen wie Mediawalls und Whiteboards zur Einbindung und Interaktion mit vielfältigen Schulungsmaterialien. Im Folgenden ein Blick in dieses Schulungszentrum

Implementiert wurden ein multimodales Nutzungskonzept, das technisch die Nutzung der Schulungsumgebung sowohl im Single-, als auch Multi-User-Modus ermöglicht, sowie voll-immersive per VR Head-Mounted-Display (HMD) oder teil-immersive mittels PC/Laptop, instruiert durch einen Ausbilder (Mensch oder KI-Agent in Avatarform) oder per Systemanweisungen bzw. explorativ im Free-play Modus. So entstand auch ein allgemeines methodisch-didaktisches Rahmenmodell für die Konzeption von virtuellen Schulungen. Es wurde abgesichert durch veröffentlichte empirische Studien zu sinnvollen Use-Cases, der Technologieakzeptanz und dem Lerntransfer und sieht folgendermaßen aus

Es entstanden Service Analytics-Modelle zur Identifikation, Aufbereitung und Visualisierung von Prozessdaten sowie Schnittstellen zur Übernahme dieser Daten aus den Modellen zur Weiterverarbeitung in der virtuellen Schulungsumgebung.
So wurde ein prototypisches Workflow-Konzept vom Condition Monitoring an der live Maschine bis hin zur (semiautomatisierten) Generierung einer passenden Schulungsmaßnahme und der Bereitstellung entweder als interaktive Single-User Lernsequenz direkt am virtuellen Maschinen Zwilling oder als virtuell-kollaborative Schulung im virtuellen Schulungszentrum realisiert.
Schulungen wurden unter Einsatz der virtuellen Lernumgebungen durchgeführt. So entstand auch das folgende Prozessmodell VASE am Beispiel der TruPrint 3000, das aus 11 Einzelschritten besteht.

Diese Nutzung virtueller Schulungsräume zeigte in Wirtschaftlichkeitsanalysen bei TRUMPF, dass sich der Einsatz von virtuellen Schulungsräumen rentiert: je höher der Anteil an Schulungstagen, die im VR-Raum durchgeführt werden, desto höher sind die Einsparungen. Dies wird umso deutlicher, wenn die Kosten der Präsenzschulung hoch sind, beispielsweise aufgrund hoher Reisekosten oder hoher Kosten der Nutzung physischer Schulungsmaschinen. Die Investitionskosten in VR erscheinen dagegen marginal.

Das Projekt hat uns gezeigt, dass durch die Digitalisierung von Wissen und digitale Zwillinge Zeit- und Ortsunabhängiges Lernen mit Hilfe virtueller Umgebungen in Selbstlern- und kollaborativen Szenarien mit unterschiedlichen medialen Devices möglich wird. Ein wichtiger Schritt, der insbesondere mit den aktuellen Erfahrungen der weltweiten Pandemie und deren von uns allen erlebten Auswirkungen beweist, dass hier ein schneller Einsatz neuer, digitaler Technologien gewaltige Vorteile bringen kann.

Referenzen

Abschließend möchte ich gern auf die öffentlich verfügbaren Ergebnisse des VASE-Projekts hinweisen. Beim Institut der Erziehungswissenschaft der Universität Stuttgart und seiner Abteilung für Berufspädagogik mit Schwerpunkt Technikdidaktik finden Sie unter dem Weblink, detaillierte Informationen sowie den Abschlussbericht des Projekts, der vor einigen Wochen erschienen ist. Darunter befindet sich auch ein dreieinhalb Minuten Video, das dieses Projekt und seine wichtigsten Ergebnisse anschaulich vorstellt.
Das Projekt VASE wurde mit dem deutschen Demografie Preis 2020 für seinen Brückenschlag zwischen den Generationen durch Virtual Reality ausgezeichnet.

Weitere Informationen

Über den Autor

Wilhelm Taurel
AFSMI Mitglied
E-Mail: w.taurel@afsmi.de