Wie eine digitale Transformation im Unternehmen gelingen kann

veröffentlicht am 31.05.2021

In diesem Blog beleuchten wir drei ausgewählte Fragen aus dem AFSMI-Buch „Services Management und digitale Transformation“ und vergleichen diese mit Erfahrungsberichten von Knorr-Bremse und Voith.

Diese Fragen wurden auch in einem gemeinsamen Webinar mit Noventum diskutiert. Der Link ist am Ende dieses Blogs zu finden.

Der weltweit agierende Technologiekonzern Voith bietet neben einem breiten Portfolio aus Anlagen und Produkten und den klassischen Servicedienstleistungen auch ein digitales Serviceportfolio an.

Das Unternehmen Knorr-Bremse ist Weltmarktführer für Bremssysteme und ein führender Anbieter sicherheitskritischer Subsysteme für Schienen- und Nutzfahrzeuge. Neue Services werden kundenorientiert entwickelt und in Pilotphasen mit Kunden getestet. Ein weiteres Webinar beschäftigt unter anderem detailliert sich mit diesem Prozess.

Die Entwicklung beider Unternehmen können anhand des Noventum Service Growth Model beschrieben werden.

In der Darstellung werden die unterschiedlichen Entwicklungsstufen im Service beschrieben. Startend bei dem Verkauf von traditionellen Dienstleistungen durch das klassische Produktverkaufsteam bis zu einer transaktionellen Beziehung Lieferant / Kunde und zu einer richtigen Business-Partnerschaft.

1. Frage: Was sind die Vorteile einer digitalen Transformation?

Bei den kundenorientierten Serviceangeboten von Knorr-Bremse geht es nicht nur um die tatsächlichen wirtschaftlichen Effekte, sondern um den Aufbau von langfristigen Kundenbeziehungen. Das Servicegeschäft ist dadurch während einer Pandemie erfolgreich, durchaus auch mit einer langfristigen Umsatzrendite.

Referenzen zu den Inhalten des Buches:

Service wurde vielen Unternehmen lange als Anhängsel betrachtet, als notwendige Funktion um verkaufte und installierte Produkte und Anlagen bei Kunden instand zu halten. Stärkerer internationaler Wettbewerb, steigende Kundenanforderungen und die heute vorhandenen Möglichkeiten der Digitalisierung bieten den Unternehmen allerdings nun eine große Chance, ihren Service auf- und auszubauen – zu einem erfolgreichen Geschäftsmodell für industriellen Service.
Hin zu einem erfolgreichen industriellen Servicegeschäft sind dabei 5 Schritte von Relevanz - von denen einige Knorr-Bremse auch direkt angewendet hat. Es geht hierbei um den Wandel vom klassischen Service hin zum Anbieter von Value-Added Services und weiter - mit den Möglichkeiten der Digitalisierung – zum Angebot von digitalen oder auch Smart Services genannten Dienstleistungen.

Die 5 grundlegende Schritte sind für ein erfolgreiches Service -Geschäftsmodell notwendig:

  1. man benötigt eine Vision, verbunden mit einem Geschäftsmodell und der passenden Organisation,
  2. ein umfassendes Portfolio für Services,
  3. spezifische, auf das Service-Portfolio ausgerichtete Vermarktungs-Aktivitäten,
  4. einen Vertrieb, der Services auch präsentieren und verkaufen kann und natürlich
  5. eine Organisation, die das gesamte Service-Portfolio auch erbringen kann. Vor Ort beim Kunden aber auch remote.

Gerade durch die Digitalisierung und damit verbundene Services entstehen hier ganz neue Herausforderungen für die Service-Erbringung und die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen im Service.

Alle diese Schritte haben eines gemeinsam: dass sie fokussiert, konsequent und zielgerichtet ausgeführt werden müssen.

So gehört nicht nur der unbedingte Wille der Unternehmensführung dazu, Service als Geschäft zu betreiben, sondern auch die Strukturen und Prozesse im Unternehmen müssen darauf ausgerichtet sein. So ist es z.B. unabdingbar, einen Entwicklungsprozess für Dienstleistungen zu etablieren, in ähnlicher Art und Weise, wie wir es auch von Produkten her gewohnt sind.
Und die Grundvoraussetzung dafür ist, dass, die Kundenbedürfnisse im Mittelpunkt stehen und eine serviceorientierte Kultur im Unternehmen entsteht.

2. Frage: Wie arbeitet das Unternehmen zukünftig mit Kunden und Lieferanten zusammen?

Bei Knorr-Bremse findet Wachstum insbesondere im Service statt. Eng verbunden mit einer engen Zusammenarbeit vom OEM bis zum Kunden, aber auch mit anderen Lieferanten. Es geht um die Entwicklung von neuen Ecosystemen.

Referenzen zu den Inhalten des Buches:

Servicegeschäft ist schon seit jeher ein ausgesprochenes „peoples business“ mit einem direkten Kontakt zwischen dem Servicepersonal und den Arbeitskräften der Kundschaft. Die persönlichen Kontakte verändern sich aber zunehmend und finden immer mehr mit technischer Unterstützung statt. Das hat insgesamt die Pandemie nochmal bestärkt. Im Buch sprechen wir auch von einer Win-Win-Win Situation, in der sich mehrere Parteien im Prozess in ihrem Erfolg gegenseitig stärken. Es ist dabei besonders wichtig, auf einer einheitlichen Plattform zu arbeiten, mit Kunden sowohl als auch mit Lieferanten.
Ziel muss es sein, den richtigen Smart-Service anzubieten, der zu dem Unternehmen und seinen Produkten passt. Die Auswahl dazu kann methodisch erfolgen. Aber es sind auch neue Wege in der Produktentwicklung zu gehen. Insbesondere Design-Thinking und Design-Sprint seien hier zu erwähnen. Aber auch die Integration der Kundschaft in die Entwicklung und der Fokus auf Benutzerfreundlichkeit haben sich als Erfolgsfaktoren herausgestellt. Auch die Qualitäts- und Geschwindigkeits-erwartungen an die Serviceleistungen steigen an. Gerade wenn mehrere Parteien in einem Ecosystem zusammen arbeiten ist es notwendig, eine wichtige und klare Serviceproposition zu entwickeln. Dabei ist das Thema “Wertschöpfung“, also einen Mehrwert für den Kunden bieten, zentral.

3. Frage: Wie lassen sich die neuen Services verkaufen?

Knorr-Bremse ist oft in Öffentlichen Ausschreibungen involviert, daher fängt der Serviceverkauf fast schon beim Definieren der Tenderanforderungen an. Bei privaten Kunden ist es elementar, die Customer Journey und die Entscheidungsprozesse beim Kunden zu verstehen.

Bei Voith sollen zukünftig proaktiv Serviceverträge verkauft werden. Dazu wurde eine Service-Sales-Guideline für das Sales Team erarbeitet. Definiert wurde auch, in welchen Schritten der Verkaufsprozess erfolgen soll. Zu Anfang steht ganz klar das Verständnis für den Kunden: Was sind die Ziele, was sind Herausforderungen? Was ist seine aktuelle Situation? Was braucht er wirklich?

Referenzen zu den Inhalten des Buches:

Das Topmanagement muss sich mit einbringen, damit der Veränderungsprozess funktioniert. Hier ist ein direkter Kontakt wichtig. Weitere Erfolgsfaktoren sind die Strategische Orientierung mit klaren Handlungsanweisungen. Die Mitarbeiter in den neuen Bereichen, die mit Digitalisierung und smarten Produkten zu tun haben, brauchen Freiraum und eine offene Denkweise innerhalb geeigneter angepasster Organisationsformen. Der Vertrieb muss viel mehr die Kundenbedürfnisse verstehen und der Kundschaft den Mehrwert von Dienstleistungen erklären können. Ein eigener Dienstleistungsvertrieb hat sich hierbei als hilfreich erwiesen. Key-Account Manager und Customer Success Manager müssen durch fachspezifische Spezialisten eng unterstützt werden, damit der Erfolg, insbesondere in der Nachkaufphase abgesichert werden kann. Diese Vertriebs-Rollen werden im Buch sehr genau beschrieben.

Eine der Herausforderungen ist schon die Tatsache, dass die Entscheidungsträger und Beeinflusser von Kaufentscheidungen für Services andere sind als die für Produkte oder Systeme. Es reicht aber natürlich nicht aus, diese Personen zu kennen, sondern es müssen auch die spezifischen Bedürfnisse dieser Personen verstanden sein, um zu erkennen, welchen Nutzen das Service-Angebot für sie haben kann. Für die Vertriebsmitarbeiter, die Services präsentieren und verkaufen, bedeutet dies dann auch in vielen Fällen, dass sie intensive Beratungsarbeit leisten müssen.
Es reicht dann eben auch nicht aus, das ‘Datenblatt’ für einen Service zu kennen, denn die spezifische Situation des Ansprechpartners beim Kunden muss genau verstanden sein und in der Regel muss ein maßgeschneidertes Angebot präsentiert werden. Man benötigt hier Spezialisten, die kundenspezifisch in der Lage sind, dem Kunden den Nutzen vorzurechnen und zu präsentieren. Sehr oft geht das nur mit entsprechenden ROI-Rechnungen.
In vielen CRM-Systemen ist dazu das Thema ‘Service’ sehr unzureichend repräsentiert, weil oft nur die Produkt- oder Systemaktivitäten abgebildet sind: Dabei ist es unabdingbar, eine 360-Grad-Sicht auf den Kunden zu haben – das bedeutet, dass sowohl Service-Vertrieb als auch Service-Erbringung vollumfänglich in das CRM-System einbezogen sein müssen.
Neben Schulungen zum Service-Vertrieb, können die Vertriebs-Mitarbeiter, die nicht täglich mit Service zu tun haben, mit Playbooks oder Vertriebs-Skripten unterstützt werden, die Hilfestellung bei service-spezifischen Fragestellungen bieten und helfen sollen Verkaufs-Chancen für Services zu identifizieren - die dann wiederum durch Vertriebs-Spezialisten weiterverfolgt werden können.
Ein weiteres wichtiges Element, um einen erfolgreichen Service-Vertrieb aufzustellen, ist die Ausrichtung auf spezifische Service-Ziele und Anreize zum Verkauf von Services, unterstützt durch entsprechende KPIs.
Aber auch die Entwicklung der Mitarbeiter ist wichtig. Dabei ist zu beachten, wie sich die Rollen innerhalb des Unternehmens verändern sollen, wenn sich das Unternehmen zu einem Service-Unternehmen entwickelt. Wenn digitale Service angeboten werden, wachsen auch die Anforderungen an die Mitarbeiter.

Wie digitale Transformation gelingt 

Die Kundenbedürfnisse müssen im Mittelpunkt stehen – sonst kann eine serviceorientierte Kultur im Unternehmen nicht entstehen.
Diese Ausrichtung muss ganz klar von der Unternehmensführung gewollt, gefordert und gefördert sein. Ein Ausdruck dafür ist z.B. das Vorhandensein und das dynamische „Leben“ eines spezifischen Entwicklungsprozesses für Services: Am Anfang dieses Entwicklungsprozesses steht eine ausführliche Ermittlung der Kundenbedürfnisse. Das kann - genauso wie bei der Entwicklung von Produkten – durch entsprechende Marktforschungsmethoden, Interviews, Fokusgruppen, etc. passieren, aber auch die eigenen Vertriebs- und Serviceteams sind eine fantastische Quelle zur Ermittlung der Kundenbedürfnisse.
Man muss es nur bewusst tun, diese Quellen systematisch und fokussiert zu nutzen.
Ohne die neue Kultur kann auch keine Win-Win-Win Situation, entstehen, in der sich mehrere Parteien im Prozess in ihrem Erfolg gegenseitig stärken. Darüber hinaus müssen die digitalen Möglichkeiten ausgenutzt werden. Wichtig hierbei ist das Entwickeln einer Roadmap hin zu einer Verbreiterung des Serviceportfolios mit digitalen Dienstleistungen. Serviceverträge, Verfügbarkeitsgarantien, der “Product-as-a-Service"-Ansatz bis hin zu einem ganz neuen Dienstleistungsangebot, das individuell auf die Kernprozesse des Kunden angepasst ist.

Knorr-Bremse und Voith haben in diesem gesamten Prozess gute Erfahrungen gemacht.

Weitere Links

Zur Aufzeichnung des Noventum Webinars

Zum BLOG der Herausgeber: Warum ein Booksprint?

Zum BLOG eines Autors: Booksprint - ein Buchprojekt oder gar ein Experiment?

Zur NEWS-Seite: AFSMI Buch erscheint im August

Über die Blog-Autoren

Dieter Schönfeld (Herausgeber und Autor des AFSMI Buches)
AFSMI Vorstand
E-Mail: D.Schoenfeld@AFSMI.de

Roland Noz (Autor)
AFSMI Mitglied
E-Mail: noz@noz-consult.de