“Niemand muss mehr falsche Entscheidungen treffen”
Gelungener Start ins Jahr
Erfolgreiche Tagung "Managing Services Knowledge"
Nach 101 kommt 99 – das ist nicht unbedingt logisch, macht hier aber Sinn: Das im vergangenen Jahr aufgrund der Terminkollision mit der Fußball-WM ausgefallene Chapter Meeting des AFSMI GC e. V. zu „Managing Services Knowledge“ wurde im Januar 2019 nachgeholt. Zurecht, denn das Thema ist aktueller denn je, wie sowohl die Vorträge als auch die Diskussionen in den Workshops gezeigt haben. Die gingen sogar soweit, dass einige Themen in Folgeveranstaltungen vertieft werden.
Veranstaltet wurde das Chapter Meeting bei der Parametric Technology GmbH (PTC) in Sindelfingen. Einen ersten Austausch unter den Teilnehmer gab es bereits am Vorabend beim Besuch der Motorworld, direkt zwischen Sindelfingen und Böblingen gelegen. Der eigentliche Veranstaltungstag startete dann mit einer inhaltlichen Einführung von PTC. Das Unternehmen hat 6.500 Mitarbeiter weltweit und ist vor allem in Nord- und Südamerika (43 Prozent des Revenues) sowie in Europa (37 Prozent) stark; aber auch Asia Pacific ist mit 20 Prozent ein wichtiger Markt. „Unsere Idee ist es, die physikalische Welt und die digitale Welt zusammenzuführen“, erklärte Sasa Plesko. Director Technical Support bei PTC.
Vereinfacht lässt sich die Strategie so beschreiben, dass aus dem physischen „Thing“ mittels IoT ein Digital Twin entwickelt wird, durch den das Physische wiederum angereichert wird, über Augmented Reality zum Beispiel. PTC unterbreitet den Akteuren am Markt dabei diverse Innovationsangebote, angefangen von IoT über Smart Manufacturing bis zu Connected Service und Asset Maintenance.
In seinem Fachvortrag stellte Sasa Plesko auch die PTC Support Services genauer vor. Bei PTC arbeitet ein globales Support-Team im 24/7-Ryhthmus. Es gibt 19 Technical Support Center weltweit, neun Sprachen werden unterstützt. „Wir unterscheiden drei Supportbereiche: eSupport, Software Support und Assisted Suport“, erklärte er. Gesteuert wird der Service über drei verschiedene Maintenance-Verträge: Silver, Gold und GoldPlus, dazu kommen verschiedene optionale Successpläne oder auch ein Support Manager, der sich exklusiv um den jeweiligen Support des entsprechenden Kunden kümmert – das ist der so genannte Technical Support Account Manager.
Basis für die Serviceleistungen bei PTC ist das eSupport Portal. PTC fährt eine Web First Strategie: Das Portal ist erster Anlaufpunkt für Kunden und enthält eine Knowledge Base, die auf dem Knowledge-centered Service-Prinzip (KCS) basiert. Dabei wandert jeder gelöste Fall als Case Artikel in die Knowledge Base. „Das Wissen, das wir generieren, soll schon im Workflow des Kunden auftauchen und ihm dort weiterhelfen. Machine Learning hilft dem Kunden dabei, ‚richtig’ zu suchen. Hinter der PTC-Lösung steckt Dylan, ein neuronales Netzwerk, das Muster erkennt. Dylan scannt die Artikel und kennt die Cases. „Dylan weiß also auch, was der Kunde in seinen eigenen Worten gesucht oder beschrieben hat, kann also zum Beispiel auch mit einfachen oder umgangssprachlichen Formulierungen umgehen“, erklärte der Service-Experte, „und ohne Dylan hätte es 20 Prozent mehr Cases gegeben, die von Mitarbeitern hätten gelöst werden müssen.“
Dylan arbeitet mit zwei Methoden: Das ist zum einen Extractive Summarization; hierbei werden relevante Zusammenfassungen geliefert. Dazu kommt Deep Learning Intent: Hier lässt sich die richtige Antwort über Clusterbildung von Texten finden.
Empolis: Enterprise Service Management
Um Enterprise Service Management ging es im Vortrag von Edgar Kehm, Sales Manager Channel Business bei Empolis. Seine Vision: „Niemand muss mehr falsche Entscheidungen treffen, weil wir alle Informationen nutzen, um die richtigen Empfehlungen zu geben.“ Empolis ermöglicht das zum Beispiel über den Einsatz von intelligenten Assistenten, wie Chatbots, Wearables, virtuelle Assistenten und Augmented Reality. Seiner Einschätzung nach ist Information entscheidend für die User Experience. „Wir wissen, dass der Zeitaufwand bei Problembehebungen zu 80 Prozent bei der Fehler-Diagnose liegt und nur zu 20 Prozent bei der Problemlösung.“ Empolis bietet mit seinen Lösungen das Potenzial, das Verhältnis zu verändern. Auf der Checkliste für eine korrekte Antwort auf eine Serviceanfrage steht bei Edgar Kehm folglich nicht nur die Information, sondern auch der Kontext. Die Empolis Smart Cloud helfe so bei der Veränderung von Geschäftsmodellen. Als Beispiel stellte er einen Business Case eines Empolis-Kunden vor, bei dem sich durch die Empolis-Unterstützung und die Generierung neuen Wissens das Geschäftsmodell vom Großhandel von Ersatzteilen für KFZ-Werkstätten zum zukunftsfähigen Dienstleister für eine bessere Diagnose in KFZ-Werkstätten wandelte.
Impressionen von der Tagung
Gebrüder Weiss: Lernen 2020+ als Strategie für die Zukunft
Das Unternehmen Gebrüder Weiss ist ein etabliertes Unternehmen der Transport- und Logistikbranche. Mit xVise hat das Unternehmen eine Tochter gegründet, die sich spezialisiert hat auf die praxisnahe Analyse und Optimierung der Logistik von Kunden sowie auf die Umsetzung von integrierten E-Commerce-Lösungen. Die Schwerpunkte sind Lager, Beschaffung, Distribution und die Gestaltung der steuernden Informationsprozesse.
Für den gesamten Konzern wurde bei xVise ein nachhaltiges Lernszenario entwickelt, von dem alle Mitarbeiter aus allen Bereichen profitieren sollten. Dr. Irene Häntschel-Erhart, Manager Organisational Development and HR bei der Xvise innovative logistics GmbH, stellte das Konzept auf dem Chapter Meeting vor.
„Unser Schlüssel-Szenario lautet: Alle Mitarbeiter lernen miteinander und untereinander, jeder kann von jedem lernen“, beschrieb sie die Lern- und Entwicklungskultur des österreichischen Unternehmens. Diese Kultur wird im Unternehmen verstanden als vernetzend (lernen von allen), umfassend (lernen für alle), nachhaltig (lernen in und von der Praxis) sowie dynamisch, einladend, offen, effizient und mobil.
Bei der Auswahl der Lernplattform standen Eigenschaften wie die Mandantenfähigkeit, die Mehrsprachigkeit, die Offenheit auch für externe Zielgruppen sowie die Berücksichtigung von Lernerlebnissen und die Integration von externem Content im Mittelpunkt.
Daraus entstand ‚myOrangeCollege’, basierend auf der Lernumgebung des Anbieters SABA. Mitarbeitern wird die Verantwortung für das eigene Lernen überlassen. Das heißt auch, dass sie in einem gewissen Rahmen Lernmodule selber buchen können. „Das ist dann natürlich auch ein Führungsthema, um beispielsweise zu steuern, wie viele Lerneinheiten ein Mitarbeiter belegt.“
Zusätzlich zur Onlineplattform wurden auch Lernzonen an den Standorten eingerichtet, zum Beispiel auch direkt bei den Mitarbeitern in Lagerhallen. Eine eigene Redaktion administriert und erstellt die Inhalte, aktuell schaffen das sechs Mitarbeiter. Die Einführung einer solchen Online-Lernumgebung stoße schneller auf Akzeptanz, wenn die Umsetzung zur Chefsache erklärt würde. Wichtig sei auch eine Marketingbegleitung, gerade auch bei der internen Kommunikation.
Agiles Wissensmanagement im Service mit KCS
KCS steht für Knowledge-centered Service und ist eine Methode, die Wissen als zentralen Wertbeitrag in den Mittelpunkt einer Serviceorganisation stellt. Sasa Plesko von PTC hatte das Prinzip schon in seiner Einführung angerissen, AFSMI GC-Präsident Kai Altenfelder als Vertreter der pro accessio GmbH & Co. KG führte das Thema in seinem Vortrag weiter aus.
Die Idee hinter KCS lautet, bestehendes Wissen wiederzuverwenden, um es zu verbessern oder, falls das Wissen noch nicht existiert, in der Knowledge Base zur Verfügung stellen. Es gehe darum, Wissen basierend auf Nachfrage und Gebrauch zu entwickeln und die Erfahrung aller Mitarbeiter in einer Datenbank abzubilden. „KCS fördert so das Lernen durch Teilen und die Zusammenarbeit in der Serviceorganisation“, erklärte Kai Altenfelder. Die These dahinter: Die Wissensdatenbank bildet das kollektive Wissen der Serviceorganisation ab. Damit das Wissen dort hinein gelangt, muss die Bedienung im Workflow möglichst einfach ohne Mehraufwand sein. Bei der Organisation nach KCS erfolgt die Suche nach vorhandenem Wissen direkt am Anfang des Lösungsprozesses.
Warum sollte eine Service-Organisation KCS einsetzen? „Um schneller auf Kundenanfragen zu antworten“, lautete eine Begründung von Kai Altenfelder. Die Komplexität der Lösungen nehme zu, Antworten der Service-Mitarbeiter fielen oft unterschiedlich aus. Gerade die Entlastung des Service-Mitarbeiters stehe im Fokus: „Mitarbeiter sind frustriert, wenn immer die gleichen Antworten gegeben werden müssen. Außerdem wird die Zeit zum Anlernen und Ausbilden immer knapper, auch weil Kunden immer schneller Antworten haben wollen.“ Mit KCS könne bei gleichem Personal die Servicekapazität erhöht werden. Die Qualität des Service könne mithilfe von Kundenfeedback verbessert werden. Weiteres Ziel bei der Entscheidung für KCS sieht Kai Altenfelder darin, dass die Erstlösungsrate verbessert wird, zum Beispiel durch Self Service, für dessen Einführung KCS der optimale Wegbereiter sein könne.
Workshops: Knowledge Management im Field Service und im Professional Service
Wie sieht der Umgang mit Knowledge Management in der Praxis aus? In zwei Workshops wurde das konkreter erarbeitet. Die Mitglieder im Workshop „KM im Field Service“ stellten sich die Frage, wie Wissen in die Organisationsstruktur eingebracht werden kann – und wie man es nutzwertig zum Kunden ausspielen kann. Die Gruppe kam zu dem Schluss, dass Austausch-Plattformen unter den Experten einen Mehrwert bieten können. Hier würde es Sinn machen, Einblicke in Unternehmen zu bekommen, die für ein hervorragendes Knowledge Management stehen. Diese Recherche soll sich fortsetzen und zu einem entsprechenden Input in einer der AFSMI-Folgeveranstaltungen führen.
Im Workshop „KM in Professional Service“ stand im Fokus, welche Rolle der Service-Mitarbeiter in dem Kontext spielt. Wichtig war den Teilnehmern, dass es Wege und Lösungen geben muss, Mitarbeitern die Angst nehmen, ihr Wissen zu teilen. Es gehe um Wertschätzung und Stärkung; das sei Aufgabe von People Management. Checklisten könnten an dieser Stelle helfen. Auch hier stand am Ende die Idee, sich nach Best Practices umzuschauen, um Antworten in einer AFSMI-Folgeveranstaltung anzubieten.