Weichen für den B2B-Service heute stellen
Die Veranstaltung
Der Strategiegipfel B2B Service Management ist eine gute Plattform, um sich mit Service Experten von B2B-Unternehmen aus verschiedenen Branchen umfassend über Aspekte des Service Managements auszutauschen. Im Mittelpunkt der Diskussionen standen KI Use-Cases im Serviceumfeld.
Die Podiumsdiskussion über den Einsatz von KI und die unersetzliche Rolle der Mitarbeiter war ein echtes Highlight. Die Experten waren sich einig, dass KI ein mächtiges Werkzeug ist, aber menschliche Fähigkeiten wie kritisches Denken und emotionale Intelligenz bleiben entscheidend – eine wirklich spannende Erkenntnis!
Auftaktdiskussion: „Service der Zukunft“
Die Auftaktdiskussion des Berliner B2B Strategiegipfels stand ganz im Zeichen der Frage, wie der Service der Zukunft aussehen wird und welche Weichen Unternehmen heute stellen müssen, um dafür gerüstet zu sein. Serviceorganisationen befinden sich in einem tiefgreifenden Wandel – geprägt von Automatisierung, Künstlicher Intelligenz (KI), steigenden Kundenerwartungen und neuen Anforderungen an die Mitarbeitenden.
Ein zentrales Thema war die lösungsorientierte Ausrichtung des Service. Anstelle reiner Bearbeitung von Standardaufgaben rückt die Fähigkeit in den Vordergrund, Probleme schnell, ganzheitlich und kundenfokussiert zu lösen. KI, Prozessautomatisierung und eine stärkere Kundenorientierung wurden als wesentliche Treiber dieser Entwicklung hervorgehoben.
Intensiv diskutiert wurde die Frage, wie viel Automatisierung sinnvoll ist. Während Routineaufgaben künftig weitgehend automatisiert werden – insbesondere das Suchen und Dokumentieren –, bleibt der menschliche Faktor für komplexe oder emotionale Fragestellungen entscheidend. Einigkeit herrschte jedoch darüber, dass KI die Rollen im Service nachhaltig verändern wird: Mitarbeitende werden verstärkt mit Technologien zusammenarbeiten, wobei insbesondere Tätigkeiten mit hohem Standardisierungsgrad zuerst ersetzt oder automatisiert werden.
Besonderes Augenmerk galt den Herausforderungen rund um KI-Projekte. Erstaunlicherweise scheitern zwei Drittel aller KI-Initiativen im Service bereits vor ihrer Einführung. Als Gründe wurden überambitionierte Use Cases, fehlende Datenqualität und unklare Zielbilder genannt. Der Rat aus der Praxis lautete daher: klein starten, mit dem Naheliegenden beginnen und Erfolge schrittweise ausbauen.
Im Spannungsfeld zwischen globalen Servicestrategien und lokalen Marktanforderungen wurde deutlich, dass ein Balanceakt notwendig ist: Einerseits braucht es standardisierte Prozesse und einheitliche Qualitätsniveaus, andererseits erwarten Kunden oft maßgeschneiderte Lösungen. Die optimale Mischung aus Standardisierung und Individualität bleibt somit eine strategische Kernaufgabe.
Eine weitere Frage lautete, ob es schwieriger sei, neue Technologien einzuführen oder die Mitarbeitenden zur Nutzung zu bewegen. Die Diskussion zeigte, dass technologische Implementierung selten das größte Problem ist – vielmehr stellt die organisatorische und kulturelle Akzeptanz eine größere Hürde dar. Auch Kundinnen und Kunden lassen sich nicht beliebig für neue Technologien „umerziehen“; vielmehr müssen Lösungen intuitiv, zuverlässig und erkennbar vorteilhaft sein.
Abschließend wurde der „Mythos“, dass Unternehmen alles selbst machen müssten, kritisch beleuchtet. In einer zunehmend komplexen Servicewelt werden Kooperationen, Ökosysteme und spezialisierte Partner immer wichtiger.
Die Auftaktdiskussion machte damit klar: Der Service der Zukunft wird technologischer, automatisierter und lösungsorientierter – aber auch menschlicher, was die Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine betrifft. Organisationen, die diesen Wandel aktiv gestalten, werden von gesteigerter Effizienz und höherer Kundenzufriedenheit profitieren.
Kunden-Obsession als gelebte Haltung
Der Vortrag von Henning Kühn, Digital Technology Manager von OTIS zeigte klar: Kunden-Obsession ist keine Strategie auf dem Papier, sondern eine gelebte Unternehmenskultur. Im Mittelpunkt steht das konsequente Ziel, den Kunden in allen Entscheidungen, Prozessen und Interaktionen in den Mittelpunkt zu stellen. Kundenleidenschaft entsteht dabei nicht durch Vorgaben, sondern durch eine Kultur, die täglich praktiziert wird.
Moderne Technologien bieten heute neue Möglichkeiten, diese Haltung auch technisch zu verankern – etwa durch personalisierte Services oder intelligente Systeme, die schnellere und präzisere Unterstützung ermöglichen. Gleichzeitig bleibt das zentrale Ziel unverändert: überragende Kundenerlebnisse zu schaffen und starke, langfristige Verbindungen aufzubauen.
Der Vortrag endete mit drei Leitprinzipien, die Kunden-Obsession greifbar machen:
1. Be Quick – schnell reagieren und handeln.
2. Be Clear – klar, verständlich und transparent kommunizieren.
3. Be Kind – wertschätzend, empathisch und menschlich bleiben.
Wie KI das Servicemanagement neu denkt
Der Vortrag von Silke Böhm, Leiterin Monitoring und Supportcenter von dormakaba zeigte, dass Künstliche Intelligenz das Servicemanagement grundlegend verändert. Operative Routineaufgaben werden zunehmend automatisiert – Führungskräfte gewinnen dadurch Zeit für strategische und zwischenmenschliche Aufgaben. Gefragt sind künftig vor allem emotionale Intelligenz, ethisches Urteilsvermögen und die Fähigkeit, Teams zu inspirieren und zu entwickeln.
KI unterstützt die Führung, indem sie kontinuierliches, datengestütztes Feedback ermöglicht, fundierte Entscheidungen durch Echtzeit-Analysen liefert und Monitoringprozesse wie KPI-Tracking oder Frühwarnsysteme automatisiert. Dadurch wird Führung weniger kontrollintensiv, aber deutlich coachingorientierter.
Die Zusammenarbeit mit Mitarbeitenden verändert sich: Vertrauen, Transparenz und Teamkultur werden zentral. KI liefert Einblicke in Teamdynamiken und hilft, Gespräche besser vorzubereiten. Die Rolle der Führungskraft wandelt sich damit vom reinen Wissensvermittler zum Sinnstifter, der Orientierung gibt und Menschen stärkt.
Kurz gesagt: KI verschiebt den Fokus im Service von operativer Kontrolle hin zu strategischer, menschlicher und wertschätzender Führung.
Kundenbindung erhöhen mit KI
Der Vortrag von Oliver Rörig, Partner bei Wieselhuber&Partner stellte die fünf Handlungsfelder für erfolgreiche KI-Integration im Service vor:
1. Service-Strategie & Customer Journey
KI ermöglicht eine kundenorientierte Gestaltung der gesamten Customer Journey. Predictive Analytics und Sentiment-Analyse identifizieren Kundenbedürfnisse in Echtzeit und optimieren alle Touchpoints für eine konsistente Customer Experience.
2. Service-Portfolio
Durch KI-basierte Bedarfsanalysen lässt sich das Leistungsportfolio gezielt auf Kundenziele ausrichten. Machine Learning ermöglicht proaktive Service-Vorschläge und dynamische Angebotsbündelung basierend auf tatsächlichen Nutzungsmustern.
3. Operative Exzellenz
Intelligente Chatbots, automatisierte Ticketbearbeitung und KI-gestützte Wissensdatenbanken schaffen skalierbaren 24/7-Service. Predictive Maintenance verhindert Ausfälle, während kontinuierliches Lernen die Performance stetig verbessert.
4. Digitalisierung & Transparenz
KI-Tools wie Self-Service-Portale mit Natural Language Processing und automatisierte Status-Updates schaffen Transparenz. Dies ermöglicht innovative Geschäftsmodelle und stärkt das Kundenvertrauen durch nachvollziehbare Prozesse.
5. Organisation & Kultur
Die technologische Transformation erfordert einen kulturellen Wandel. Upskilling-Programme, neue Rollenbilder und klare Ethik-Richtlinien befähigen Mitarbeitende, KI als Enabler für empathische Kundeninteraktionen zu nutzen.
Erfolgreiche Kundenbindung durch KI erfordert die ganzheitliche Adressierung aller fünf Handlungsfelder. Unternehmen, die KI konsequent kundenorientiert einsetzen, schaffen messbare Wettbewerbsvorteile und nachhaltig höhere Kundenloyalität.
Wettbewerbsvorteile durch optimierten globalen 24/7 Industrieservice
Insights von Dieter Schönfeld, Vizepräsident AFSMI
Der Industriestandort Deutschland steht unter enormem Druck durch steigende Energiekosten, demografischen Wandel und globalen Wettbewerb – doch gerade im Service liegen enorme, oft ungenutzte Potenziale. Kritische Infrastrukturen wie Energie, Pharma und Chemie verlangen heute nahezu vollständige Systemverfügbarkeit, minimale Reaktionszeiten und höchste Sicherheitsstandards bei transparenten Kosten.
Die Zukunft liegt in KI-gestützter Ferndiagnose, Ersatzteil-as-a-Service mit 3D-Druck und der Transformation von reaktiven zu outcome-basierten Services mit langfristigen Kundenbeziehungen. Entscheidend für den Erfolg sind Dienstleistungs- und Datensouveränität, Cybersecurity als Kernkompetenz und die Entkoppelung von Expertenwissen von individuellen Personen für echte 24/7-Fähigkeiten. Unternehmen wie SEW Eurodrive, RITTAL und HEIDELBERG zeigen bereits, wie die erfolgreiche Transformation vom produkt- zum kundenzentrierten Service-Unternehmen gelingt.
AFSMI als Partner des Veranstalters
Der AFSMI war in diesem Jahr erneut mit einem eigenen Stand auf der Veranstaltung vertreten – und der Andrang zeigte eindrucksvoll, wie präsent und relevant der Verband für Servicemanager weiterhin ist. Besonders das neu vorgestellte Buch zog viele neugierige Blicke auf sich und sorgte für intensive Gespräche. Zahlreiche Besucher*innen nahmen die Gelegenheit wahr, sich über Inhalte, Hintergründe und die Praxisrelevanz der Beiträge zu informieren.
Im Verlauf der beiden Kongresstage entwickelte sich der Stand zum lebendigen Treffpunkt für Servicemanager aus unterschiedlichsten Branchen. Viele nutzten die Chance, die Impulse aus den Keynotes und Sessions zu vertiefen, Erfahrungen auszutauschen und neue Perspektiven zu diskutieren.
Dabei zeigte sich einmal mehr, wie wertvoll persönliche Begegnungen für die Service-Community sind: Bestehende Kontakte wurden gestärkt, neue geknüpft und das Netzwerk des AFSMI konnte spürbar erweitert werden.
Der Stand bot – neben der inhaltlichen Präsenz – vor allem eines: Raum für echten Dialog und gegenseitige Inspiration. Ein gelungenes Signal dafür, wie aktiv und zukunftsorientiert der AFSMI das Servicemanagement in Deutschland mitgestaltet.
Die nächste Veranstaltung wird am 2. und 3. Dezember 2026 in Berlin stattfinden
Der AFSMI wird wieder Partner der 8. B2B Service Management Veranstaltung sein
⇒ Fotos: Hardy Grüttner (project networks), Kai Altenfelder und Dieter Schönfeld
Über den Autor
Dieter Schönfeld; Vize-Präsident und Vorstand für Bildung und Forschung